Einvernehmliche Scheidung und Scheidungsfolgenvereinbarung

Beliebt ist immer wieder die Anfrage nach einer einvernehmlichen Scheidung, bei dem die potentiellen Mandanten davon ausgehen, dass sie sich einen Anwalt nehmen können. Oft waren sie auch schon bei einem Notar und haben eine Scheidungsfolgenvereinbarung beim Notar unterschrieben – macht das Sinn?

In keinem anderen Rechtsgebiet würde man darüber nachdenken einen gemeinsamen Anwalt zu beauftragen, denn es ist jedem wichtig, dass der Anwalt gerade die eigenen Interessen vertritt.

Bei einer Scheidung ist dies nicht anders: Die Bundesrechtsanwaltsordnung regelt das Berufsrecht der Rechtsanwälte in Deutschland, das heißt die Rechte und Pflichten, die der Rechtsanwalt gegenüber Mandanten und Dritten zu beachten hat. Danach ist es einem Rechtsanwalt bereits berufsrechtlich verboten, widerstreitende Interessen zu vertreten. Klar ist - Eheleute, die sich trennen wollen, sind rechtlich gesehen formal „Gegner". Auch dann, wenn Sie sich einvernehmlich trennen wollen. Für den Anwalt liegt juristisch formal gesehen eine Interessenkollision vor. Oft wissen die Trennenden zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass es Klärungsbedarf gibt, z.B. hinsichtlich der Trennung der Vermögensmassen, bei der Bestimmung des Endvermögens, beim Wert des gemeinsamen Hauses. Dieser Klärungsbedarf tritt oft erst auf, wenn die sich Trennenden einen ersten informatorischen Beratungstermin bei einem Anwalt haben.

Zwei Scheidungswillige können sich also rechtlich keinen gemeinsamen Anwalt nehmen bzw. sich einen Anwalt teilen: der Anwalt ist verpflichtet, vor der Beratung klarzustellen, welchen der beiden Ehegatten er berät und vertritt – es handelt sich sonst strenggenommen um einen Fall der Interessenkollision. Auch wenn es in der Praxis oft so ist, dass beide Ehegatten (gleichzeitig) zu einem Anwalt gehen, so darf ein Anwalt nicht beide Ehegatten beraten oder vertreten (Interessenkollision). Bei einer einvernehmlichen Scheidung ist also tatsächlich nur ein Ehepartner anwaltlich vertreten.

Im Scheidungsverfahren müssen sich in Ehesachen beide Ehegatten nach § 114 I FamFG anwaltlich vertreten lassen. Dabei kann der Scheidungsantrag auch nur von einem Anwalt eingereicht werden (Anwaltszwang). Bei einer einvernehmlichen Scheidung (ohne Streit über Folgesachen, wie Vermögensauseinandersetzung, Zugewinnausgleich, Versorgungsausgleich, Sorgerecht für die Kinder, Unterhalt etc.) besteht zwar formal die Möglichkeit, die Scheidung mit nur einem Anwalt durchzuführen, der aber den Scheidungsantrag nur für einen Ehegatten stellt. Man muss sich dabei darüber im Klaren sein, dass der Anwalt - da er nur eine Partei vertreten darf - ausschließlich für einen Ehegatten tätig werden darf und den Scheidungsantrag und gegebenenfalls weitere Anträge auch nur für einen Ehegatten stellen wird und nur für einen Ehegatten im Prozess auftritt – es ist also kein gemeinsamer Anwalt.

Im Scheidungstermin wird dann der eine Ehegatte mit seinem Anwalt vor Gericht anwaltlich vertreten, der andere Ehegatte dahingegen wird nicht vertreten. Der andere Ehegatte, der keinen Anwalt hat, kann auch keine eigenen Sach- oder Verfahrensanträge stellen, sondern die Scheidung nur über sich ergehen lassen. Nur dann benötigt er nach dem Gesetz (für seine bloße Zustimmung zur Ehescheidung nach § 114 IV Nr 3 FamFG) keinen Anwalt. Die Scheidung dauert dann länger, weil erst die Rechtskraft der Scheidung abgewartet werden muss.

Aber macht denn eine "einvernehmliche Scheidung" überhaupt Sinn?

Eine Scheidung ist ein wichtiges Lebensereignis - bei dem die manchmal sehr komplexen Vermögensmassen wieder getrennt werden müssen. Bei der Ehescheidung sollte daher stets jeder Ehegatte anwaltlich vertreten sein, nur dann ist eine umfassende Beratung möglich.

Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung beim Notar ohne vorherige anwaltliche Beratung?

Um das Scheidungsverfahren zu verkürzen und um Kosten zu sparen, wollen die Ehepartner oft so schnell wie möglich dann auch noch eine Scheidungsfolgenvereinbarung bei Notar abschließen.

Eine Scheidungsfolgenvereinbarung ist eine außergerichtliche vertragliche Einigung der Eheleute- quasi ein „Ehevertrag in letzter Sekunde“ die dann mit einer zusätzlichen notariellen Beurkundung abgeschlossen wird. Im Hinblick auf die spätere Scheidung verhindert sie manche Psychische Belastung und verkürzt die Verfahrensdauer eines Scheidungsverfahrens erheblich.

Sollte es zwischen den Ehepartner nicht zu einer einvernehmlichen Regelung bezüglich der Scheidungsfolgenvereinbarung kommen, wären alle Folgesachen, die im Rahmen dieser Vereinbarung einvernehmlich zu treffen wären im Rahmen eines gerichtlichen Scheidungsverfahrens zu klären. Dies geht oft mit einer nicht unerheblich langen Verfahrensdauer einher.

Macht es also Sinn beim Notar schon vor einer anwaltlichen Beratung eine Scheidungsfolgenvereinbarung mit dem Noch-Ehepartner abzuschließen?

Auch hier gilt, ohne dass man seine Rechte kennt, ist der voreilige Abschluss der Vereinbarung oft nicht sinnvoll.

Kommt man erst danach zum Anwalt, führt dies oft dazu, dass sich einer der Trennenden übervorteilt fühlt. Was gerade wenn noch minderjährige Kinder da sind, dann oft schwierig wird. Nicht umsonst herrscht Anwaltszwang im Familienrechtlichen Verfahren. Während einer umfassenden anwaltlichen Beratung kommen oft Punkte auf, die ein Ehegatte im Rahmen der Scheidung doch geklärt haben möchte, von denen er jedoch bis zur Beratung nicht wusste, dass es diese Punkte gibt oder dass diese geregelt oder geklärt werden können. Wenn er davon jedoch keine Kenntnis hat, da er keinen Anwalt hat, kann er diese Punkte auch nicht klären lassen. Im Nachhinein ist dies dann oft zu spät - insbesondere dann, wenn die Scheidungsfolgenvereinbarung beim Notar schon geschlossen wurde.

Diese Veröffentlichung ist eine generelle Erläuterung zur Ehescheidung und ersetzt keinesfalls eine anwaltliche Beratung. Gerade im komplexen Familienrecht ist es aus anwaltlicher Sicht von großer Wichtigkeit, jeden Fall einzeln zu betrachten. Nur so kann auf Ihre individuelle Situation rechtlich richtig eingegangen und Ihnen geholfen werden.

Rechtsanwältin Gabriele Thiery

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